Higgs-Bosonen - Den Bosonen Masse geben
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Higgs-Bosonen

In der Theorie der schwachen Kernkraft müssen die W- und Z-Bosonen als masselose Teilchen wie das Photon eingeführt werden. Nur so kann die Symmetrie dieser Theorie gewahrt bleiben. Andererseits wäre diese schwache Kernkraft viel stärker als beobachtet und hätte eine größere Reichweite, wenn ihre Bosonen keine Masse hätten.

Diese Probleme können elegant gelöst werden, wenn man annimmt, dass Masse keine charakteristische Eigenschaft der Z- und W-Bosonen selber ist, sondern dass diese ihre Masse erst durch Interaktion mit einem anderen Kraftfeld haben. Dieses Kraftfeld wird Higgs-Feld genannt.

Das Higgs-Feld besteht in seiner einfachsten Konfiguration aus vier Komponenten. Drei davon verleihen den W- und Z-Bosonen ihre Masse und treten sonst nicht als eigenständige Elementarteilchen in Erscheinung. Die vierte Komponente erzeugt das so genannte Higgs-Boson, das Anfang 2012 am CERN vermutlich gefunden wurde (stand Juli 2012).

Symmetriebrechung

Das Higgs-Feld hat eine bemerkenswerte Eigenschaft: Sein Zustand mit niedrigster Energie ist nicht der Zustand, in dem das Feld verschwindet. Bei anderen Feldern, wie das elektromagnetische Feld, ist die Energie minimal, wenn die Feldstärke so gering wie möglich ist. Aufgrund der Unschärferelation der Quantenmechanik sind auch diese Felder nicht immer ganz null. Aber das elektrische Feld hat im Zustand geringster Energie keine ausgezeichnete Richtung. Das Higgs-Feld dagegen gibt in seinem niedrigsten Energiezustand eine Richtung in einem abstrakten Zustandsraum vor. So kann es die Symmetrie der W- und Z-Bosonen aufbrechen und ihnen eine Masse verleihen. Man spricht von spontaner Symmetriebrechung.

Wie ich auf der Seite zu den W- und Z-Bosonen beschrieben habe, trennt das Higgs-Feld die Ursprünglichen W- und B-Bosonen in die Massiven W- und Z-Bosonen einerseits und das masselose Photonenfeld andererseits. Es bewirkt eine Vermischung von Grundlegenden Teilchen zu den experimentell beobachtbaren Teilchen. Solch eine Teilchenmischung ist in der Quantentheorie nichts ungewöhnliches, lässt sich aber mit klassischer Physik kaum erklären. Sie ist ein gutes Beispiel für die Grenzen des klassischen Teilchenbildes.

Ein Rechentrick?

Die Besonderheiten des Higgs-Mechanismus erscheinen ein wenig wie ein Rechentrick, mit dem man die Theorie künstlich an das Experiment angepasst hat. Schließlich sind die drei Higgs-Komponenten, die die Masse erzeugen, sonst völlig unbeobachtbar. Allerdings ist das Vorgehen nicht so beliebig, wie es auf den ersten Blick erscheint. Die Theorie funktioniert nicht, wenn man beliebig irgendwelchen Teilchen eine Masse verleiht. Man braucht dazu den Higgs-Mechanismus.

Auf ähnliche Weise, wie man lange Zeit das Higgs-Teilchen vorhergesagt und jetzt wahrscheinlich gefunden hat, wurde auch das Z-Boson zunächst nur postuliert, weil die Theorie ohne es keinen Sinn ergeben hätte. Das Z-Boson war notwendig, damit die Theorie der schwachen Wechselwirkung aufgeht und wurde dann tatsächlich experimentell gefunden. So ist es auch mit dem Higgs-Boson. Es wurde in der Theorie eingeführt, weil sie sonst zu widersprüchen führen würde. Der experimentelle Nachweis des Higgs-Bosons ist deshalb ein wichtiger Schritt zur Bestätigung der Theorie.

Mehr Higgs-Teilchen

Das Higgs-Feld mit drei unbeobachtbaren und einer Teilchen-artigen Komponente ist nur die einfachste Möglichkeit, den W- und Z-Bosonen Masse zu verleihen. Es ist durchaus vorstellbar, dass das Higgs-Feld komplexer ist und mehr als eine Art von Higgs-Bosonen zustande bringt. Ob das 2012 gefundene Boson tatsächlich das gesuchte Higgs-Boson ist und ob es weitere Higgs-Bosonen zu entdecken gibt, werden weitere Messungen ergeben.

Letzte Änderung: 29.07.2012