Ununterscheidbarkeit von Teilchen in der Quantenmechanik
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Nicht unterscheidbare Teilchen

Würde man mit lauter weißen, nicht markierten Kugeln Billard spielen, so könnte man die Kugeln schon nach wenigen Stößen nicht mehr auseinanderhalten. Die Kugeln wären ununterscheidbar. Dennoch erwartet man in der klassischen, "normalen" Physik nicht, dass die Stoßprozesse anders verlaufen, wenn man die Kugeln kennzeichnet, als wenn man sie weiß lässt. Die Unterscheidbarkeit von Teilchen macht in der klassischen Physik nicht viel aus. Der einzige Unterschied ist, dass man nicht feststellen kann, ob jemand in einer Spielpause zwei weiße Kugeln vertauscht hat. Hat jemand dagegen eine grüne mit einer roten Kugel vertauscht, so könnte das einem Spieler auffallen.

Quantenmechanische Gebilde, nehmen wir zum Beispiel Elektronen, unterschieden sich grundlegend von Billardkugeln. Zum einen ist es nicht möglich Elektronen zu markieren, man kann sie nicht anmalen. Mehrere Elektronen sind also stets ununterscheidbar, wenn man sie nicht gut voneinander getrennt hält. Diese Tatsache ist klassisch noch zu erklären: Auch weiße Billardkugeln kann man unterscheiden, solange man sie getrennt voneinander aufbewahrt. Wirft man sie aber durcheinander, so kann man schnell durcheinander kommen. Die Wechselwirkung zweier nahe beieinander liegender Elektronen ist also so kompliziert, dass man die Elektronen beim zweiten hingucken nicht mehr unterscheiden kann.

Prinzipiell Ununterscheidbar

Die Quantenmechanik geht aber deutlich weiter. Die Beschreibung von Teilchen muss so geschehen, dass auch auf rechnerischem Wege nicht ermittelt werden kann, mit welchem Teilchen man es gerade zu tun hat. Das bedeutet, man darf die Elektronen nicht einmal im Gedanken markieren oder durchnummerieren. Sie sind nicht nur ununterscheidbar, weil man nicht genau hingesehen hat, sie sind auch mathemathisch ununterscheidbar.

Diese Idee wurde später von Werner Heisenberg zu einem allgemeinen Prinzip erhoben. Auf einem Erholungsaufenthalt auf Helgoland kam er auf die Idee, die gesamte Quantenmechanik müsse so formuliert werden, dass sie nichts beschreibt, was nicht beobachtbar ist.

In der klassischen Physik kann man den Teilchen Bahnen zuordnen. Taucht man die weißen Billardkugeln in Kalkpulver, so dass sie Spuren auf auf dem Filz hinterlassen, so kann man die Kugeln nach beliebig vielen Stößen unterscheiden, indem man an den Spuren zurückverfolgt, woher die Kugeln kommen. Man kann auch die Stöße zwischen den Kugeln berechnen und auf diese Weise zurückrechnen, wo eine Kugel, die man willkürlich auswählt am Anfang gelegen hat. Solche Zurückrechnungen sind in der Quantenmechanik prinzipiell verboten. Es ist niemals möglich die Bahn eines Elektrons unter vielen voraus- oder zurückzurechnen.

Konsequenzen

Die prinzipielle Ununterscheidbarkeit wäre ein rein philosophisches Problem, wenn sie nicht zahlreiche, experimentell feststellbare Konsequenzen hätte. So treten Interferenzen zwischen Teilchen genau dann auf, wenn sie ununterscheidbar sind. Unterscheidbare Teilchen interferieren nicht.

Eine weitere Konsequenz ist, dass es zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Teilchen gibt, Bosonen und Fermionen. Diese Teilchensorten unterscheiden sich darin, wie Vertauschungen von Teilchen mathematisch beschrieben werden. Für Bosonen folgt daraus die Möglichkeit des Bose-Einstein-Kondensats, für Fermionen das Paulische Ausschließungsprinzip. Siehe dazu auch die Seite zur Symmetrie.

Zuletzt sorgt die Ununterscheidbarkeit dafür, dass alle Atommodelle, die Aussagen über einzelne Elektronen machen, falsch sein müssen. Man kann die Elektronen nicht auf Schalen aufteilen, wenn man sie nicht einmal unterscheiden kann. Damit werden die Atommodelle aber natürlich nicht überflüssig. Modelle, die die Ununterscheidbarkeit von Elektronen vernachlässigen können noch immer gute Näherungen sein und als Ausgangspunkt für bessere Modelle, die die Ununterscheidbarkeit beinhalten, dienen.

Letzte Änderung: 26.10.2003